Die Frage mag überraschen – es ist eine der Grundannahmen unseres Projektes, dass Menschen in ihrem Alltag rechtlichen Problemen begegnen, und dass sie deswegen von rechtlichem Grundwissen enorm profitieren würden. Aber haben Menschen tatsächlich rechtliche Probleme, und in welchem Ausmaß? Gibt es dazu auch Zahlen?
Leider ist die Datenlage im Bereich legal literacy allgemein sehr mager. Vor kurzem sind wir allerdings auf einen amerikanischen Aufsatz gestoßen, der etwas Licht in die Frage nach dem „legal need“ der Durchschnittsbevölkerung bringt.
Nach den Ergebnissen dieser Studie kann davon ausgegangen werden, dass in Österreich circa 50% aller Haushalte in den vergangenen zwei Jahren mit mindestens einem ernstzunehmenden rechtlichen Problem konfrontiert waren.
Dies ergibt sich aus dem Durchschnittswert der statistischen Zahlen, die für andere vergleichbare Länder vorliegen (Slowakei, England, Wales, USA), und zeigt, wie allgegenwärtig rechtliche Probleme in unserem gesellschaftlichen Zusammenleben sind.
Wenn sich ungefähr die Hälfte aller Haushalte in einem 2-Jahres-Rhythmus mit einem rechtlichen Problem auseinanderzusetzen hat, dann kann legal literacy eine wichtige Rolle dabei spielen, diese Auseinandersetzung möglichst positiv zu gestalten. So kann legal literacy unter anderem dafür sensibilisieren, wann ein gravierendes rechtliches Problem vorliegt, wie zunächst damit umzugehen ist, bei welchen Stellen man sich (kostenlos) beraten lassen kann, und ab welchem Punkt kompetente Rechtsberatung vonnöten ist.
Literaturhinweis: Hadfield, Gilian (2009): Higher Demand, Lower Supply? A Comparative Assessment of the Legal Resource Landscape for Ordinary Americans. Fordham Urban Law Journal 37 (1), 128-156. (http://ir.lawnet.fordham.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=2325&context=ulj)